Tiere als erfolgreiche Co-Therapeuten
Was zuerst in den USA Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen
war, gewinnt auch in Deutschland immer mehr Anhänger: Der Einsatz von Tieren als Helfer
in der Therapie und in der Begleitung von Menschen.
Die Frau galt fast als hoffnungsloser Fall: Sie war extrem labil, psychotisch und
musste künstlich ernährt werden. Eines Tages brachten Psychologen einen Hund an ihr
Bett. Die 28jährige begann erstmals wieder freiwillig Nahrung aufzunehmen. Immer wenn sie
fortan selbständig aß, durfte sie das Tier wieder zu sich holen. Nach ein paar Wochen
konnte sie die Klinik verlassen.
Dieser Fall wurde bereits in den 70er Jahren von dem amerik. Psychologenehepaar Corson
veröffentlicht. Beide hatten eine umfangreiche Untersuchung zum Beitrag von Tieren in der
Psychotherapie vorgenommen - und dabei verblüffende Resultate erhalten: Von den 50
einbezogenen, schwer gestörten Patienten zeigten nur 5 keine Verbesserung ihres
Krankheitsbildes, weil sie den Kontakt zum Tier nicht aufnehmen konnten oder wollten (lt.
Freie Universität Berlin). Als Pionier der Idee wird der amerik. Kinderpsychologe B. M.
Levinson angesehen, der 1961 den Aufsatz "Der Hund als Co-Therapeut"
veröffentlichte. Dieses Datum gilt allgemein als Geburtsstunde.
Zu den populärsten gehört die sog. Delfin-Therapie, die durch ihre Erfolge mit
autistischen Kindern für Schlagzeilen sorgte. Aber auch weniger exotische Begegnungen
zeigen erstaunliche Wirkungen. Auch in Gefängnissen, psychiatrischen Einrichtungen und
sogar beim Zahnarzt lassen sich die Vorteile von tierischen Begleitern nachweisen. Tiere
wirken stressreduzierend und blutdrucksenkend. Studien mit Herzinfarktpatienten haben
ergeben, daß diese eine deutlich höhere Lebenserwartung aufwiesen, wenn sie mit Tieren
zusammen lebten.
"Tiere wirken wie ein Beruhigungsmittel" wird von der Freien Universität Berlin
resümiert.
Um jedoch zu erklären, was genau in der Mensch-Tier-Beziehung passiert und welche
theoretischen Erkenntnisse für die Behandlung sich daraus ableiten lassen, dafür mangelt
es z.Z. noch an einer ausreichenden wissenschaftlichen Erforschung. Lt. Tiermediziner
steht fest, daß in solchen Begegnungen Endorphine ausgeschüttet werden, die ein
positives Gefühl beim Menschen hervorrufen.
Tiere können vieles, was Menschen können, rufen jedoch nicht solches Misstrauen
hervor, wie es in zwischenmenschlichen Bereichen oft existiert. Tiere haben eine sehr
starke Wirkung auf das Gemüt.
Trotz vielversprechender Ansätze und offensichtlicher Erfolge ist die tiergestützte
Pädagogik und Therapie weit davon entfernt als eigenständige
Psychotherapieform - und damit auch von Medizinern und Krankenkassen anerkannt zu sein.
Damit stellt sich für viele Einrichtungen auch das Problem der Finanzierung.
Dessen ungeachtet hat sich der Einsatz von Tieren da, wo Menschen mit Menschen nicht
weiterkommen, in Deutschland immer mehr verbreitet. In zahlreichen Alten- und
Kinderheimen, sowie in Krankenhäusern gehören Tiere zum festen Bestandteil des
Tagesprogramms. Außerdem existieren eine Reihe von privaten Initiativen mit dem Ziel,
sozial benachteiligte, kranke und behinderte Menschen, die selbst keine Tiere halten
können, durch regelmäßige Besuche mit tierischer Begleitung von Problemen abzulenken
oder therapeutische Maßnahmen zu ergänzen. Wie z.B. der
Verein "Tiere helfen Menschen", die mit ca. 300 Ehrenamtlichen bundesweit
Besuche in Heimen machen, aber auch Institutionen beraten, welche Tierhaltung einführen
möchten.
Es gibt wirklich tolle Entwicklungen zu beobachten: "Authistische Kinder beginnen die
Nähe des Tieres zu suchen und in seiner Gegenwart zu lächeln" berichtet der
Vorsitzende des Vereins. Er selbst setzt seine eigene Mischlingshündin ein und ist
überzeugt, daß Tiere genau die Bedürfnisse der Menschen spüren. Hunde selbst können
lernen, auch Ungewöhnliches zu akzeptieren, wie etwa fremdartige Geräusche oder
unkoordinierte Bewegungen. Um damit umgehen zu können, müssen
die Tiere jedoch selbst eine stabile Psyche haben.