Ellbogengelenkserkrankungen

 

von Dr. Bernd Tellhelm, Chirurgische Veterinärklinik der Universität Gießen

 

In den letzten Jahren werden immer häufiger Erkrankungen des Ellbogengelenkes bei jungen Hunden diagnostiziert, die weder durch ein Trauma (Frakturen, Luxationen) noch durch Infektionen bedingt sind. Es handelt sich um chronische degenerative Veränderungen der Gelenke (Arthrosen), die in der Regel durch Wachstumsstörungen im Bereich der Gelenkflächen oder in den Wachstumszonen der an der Gelenkbildung beteiligten Knochen verursacht werden. Beim jugendlichen Hund ist das Skelett zu großen Teilen knorpelig vorgebildet. Das Wachstum der Gliedmaßenknochen findet im wesentlichen in 2 Bereichen statt: in den "Metaphysen", die für das Längenwachstum verantwortlich sind und in den "Epiphysen", in denen die Ausformung der endgültigen Gelenkflächen erfolgt. Außerdem gibt es noch Wachstumsbereiche, die als "Apophysen" bezeichnet werden und meist als Ansätze für Bänder oder Sehnen fungieren. Sie können aber auch an Gelenkflächen zur endgültigen Form der Knochen beitragen. In den genannten Bereichen geschieht das Knochenwachstum durch Neubildung von Knorpelzellen, die später in Knochengewebe umgewandelt werden. Dieser Vorgang wird "enchondrale Ossifikation" genannt. Störungen dieses Vorganges haben ihre Ursache beim Hund meist in einer Erkrankung des Knorpels und werden deshalb als "Chondrosen" bezeichnet. Der häufig verwendete Begriff "Osteochondrose" ist nicht korrekt, da das Knochengewebe ursprünglich nicht erkrankt ist, und erst später in diesen Prozess mit einbezogen werden kann.

An den Gelenkflächen (Epiphysen) kommt es durch Fehl- und Überbelastung zu Bereichen, in denen der Knorpel verdickt ist. Die Ernährung der Knorpelzellen erfolgt durch Diffusion der Substanzen aus der Gelenkflüssigkeit (Synovia). Je dicker der Knorpel ist, umso länger ist der Weg, den die Nährstoffe zurücklegen müssen, um auch die tiefen, weiter von der Gelenkfläche entfernt liegenden Schichten der Knorpelzellen zu erreichen. Wird der Knorpel zu dick und damit der Weg für die Nährstoffe (Diffusionsweg) zu lang, kann es zum Absterben der tiefen Knorpelzellschichten kommen. Es bilden sich Risse, die bis zur Gelenkoberfläche reichen. Teile der Gelenkfläche können sich vollständig oder unvollständig ablösen. Wir haben jetzt das Krankheitsbild der (Osteo-)Chondrosis dissecans (OCD). Dadurch gelangen Abbauprodukte der zerstörten Knorpelzellen über die Gelenkflüssigkeit an die Innenauskleidung der Gelenkkapsel (Synovialis) und rufen hier eine schmerzhafte Entzündung hervor. Erst jetzt tritt Lahmheit auf. Die krankhaften Vorgänge im Knorpel selbst führen nicht zu Schmerzen, da der Knorpel keine Nerven enthält. Die Folge ist, daß die klinischen Erscheinungen (Schmerz, Lahmheit) dieser Erkrankung erst in einem fortgeschrittenen Stadium auftreten.

Störungen des Knochenwachstums in den Wachstumszonen der langen Röhrenknochen (Metaphysen) führen zu einer Beeinträchtigung des Längenwachstums. Die Folge davon sind Gliedmaßenfehlstellungen oder Stufenbildung bzw. andere Inkongruenzen im Bereich der Gelenkflächen. Diese können durch Fehlbelastungen direkt eine degenerative Knorpelerkrankung (Arthrose) bewirken. Sie können aber auch eine Ablösung von Teilen der Gelenkfläche hervorrufen, oder sie verursachen die oben beschriebenen Vorgänge einer Chondrose, die zu einer sekundären Arthrose führen.

Wenn an der Gelenkflächenbildung neben der Epiphyse zusätzliche Verknöcherungskerne (Apophysen) beteiligt sind, kann es durch fehlerhafte Ausbildung der Gelenkflächen (Inkongruenz) und der resultierenden Fehlbelastung u einer Störung der Verschmelzung von Epi- und Apophyse kommen. Die Apophyse bleibt isoliert und beweglich und führt zur Ausbildung einer Arthrose. Als Ursachen für die Störungen der "enchondralen Ossifikation" und die Ausbildung der verschiedenen Chondroseformen spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Die Erkrankung tritt vorwiegend bei Tieren auf, bei denen ein rasches Größenwachstum vorhanden ist, das häufig noch durch züchterische Selektion gefördert wird. Sie wird auch bei männlichen Tieren häufiger (zwei- bis dreimal) beobachtet, die ja in der Regel größer werden, als weibliche.

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für Häufigkeit und Ausprägungsgrad der Chondrosen. Dabei wirkt sich besonders eine zu hohe Kalorienzufuhr und eine zu eiweißreiche Fütterung negativ aus. Auch die übermäßige Verabreichung von Vitaminen und Calcium begünstigen das Entstehen der Chondrosen.

Eine (relativ) zu starke Belastung während der Hauptwachstumsphase spielt ebenfalls eine Rolle.

Wie bei der HD wurde auch eine erblich bedingte Veranlagung für das Entstehen von Chondrosen nachgewiesen.

Prinzipiell können Chondrosen in allen Teilen des Skelettes auftreten, in denen Knochenwachstum durch enchondrale Ossifikation stattfindet. Betroffen werden meist aber nur bestimmte Bereiche. Die Chondrosen treten hauptsächlich da auf, wo besonders intensives Knorpel- (Knochen-)wachstum vorhanden ist, oder wo besonders dicke Gelenkknorpelabschnitte bestehen.

Die am häufigsten beim Hund betroffenen Gelenke sind Schulter-, Ellbogen-, Knie- und Sprunggelenk. Um die aus den oben beschriebenen Vorgängen resultierenden Erkrankungen des Ellbogengelenkes besser erklären zu können, sind einige anatomische Grundkenntnisse erforderlich.

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4

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Abb. 1: Normales Ellbogengelenk im seitlichen Strahlengang, gestreckte Lagerung. H = Humerus, R = Radius, U = Ulna, T = Trochlea humeri, A = Processus anconaeus, O = Olekranon, 1 = Processus coronoideus medialis der Ulna, 2 = Processus coronoideus lateralis der Ulna, 3 = Radiuskopf

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Abb. 2: Normales Ellbogengelenk im seitlichen Strahlengang, gebeugte Lagerung. H = Humerus, R = Radius, U = Ulna, T = Trochlea humeri, A = Processus anconaeus, O = Olekranon, 1 = Processus coronoideus medialis der Ulna, 2 = Processus coronoideus lateralis der Ulna, 3 = Incisura trochlearis

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Abb. 3: Normales Ellbogengelenk, sagittaler Strahlengang (cranio-caudal). H = Humerus, R = Radius, U = Ulna, T = Trochlea humeri: M = medialer (innerer) Abschnitt, L = lateraler (äußerer) Abschnitt, 1 = Processus coronoideus medialis der Ulna, 2= Radiuskopf

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Abb. 4: Aufsicht auf die Gelenkflächen von Radius (Speiche) und Ulna (Elle). R = Radius, U = Ulna, A = Processus anconaeus, O = Olekranon, 1 = Processus coronoideus medialis der Ulna, 2 = Processus coronoideus lateralis der Ulna

Das Ellbogengelenk wird von 3 Knochen gebildet (Abb. 1-4): Oberarm (Humerus), Speiche (Radius) und Elle (Ulna). Der Humerus (Oberarm) bildet die Gelenkwalze (Trochlea), an der man einen inneren (medialen) und einen äußeren (lateralen) Abschnitt unterscheidet (Abb. 3). Die Gelenkpfanne wird einmal gebildet vom oberen Ende der Speiche (Radiuskopf – Abb. 1, 3 und 4). Dieser Teil übernimmt die wesentliche Stützfunktion für die Oberarmgelenkwalze (Trochlea humeri). Den hinteren Teil der Gelenkpfanne bildet der Ellbogenfortsatz (Olekranon) der Ulna (Elle – Abb. 1, 2 und 4). Er umfasst die Gelenkwalze bogenförmig von unten, hinten und oben und wird als "Incisura trochlearis" bezeichnet. Das obere Ende der Incisura trochlearis wird vom "Processus anconaeus" gebildet. Das untere Ende der Incisur umfasst den Radiuskopf (Speiche) innen (medial) und außen (lateral) mit 2 Fortsätzen, die als "Processus coronoideus" medialis bzw. lateralis bezeichnet werden. Diese beiden Fortsätze übernehmen ebenfalls einen Teil der Stützfunktion für die Gelenkwalze, während der hintere Teil der Incisur und der Processus anconaeus für den Bewegungsablauf und die Stabilität des Gelenkes wichtig sind.

Da 3 Knochen an der Bildung des Ellbogengelenkes beteiligt sind, ist auch das Bild der durch Wachstumsstörungen möglicherweise auftretenden Erkrankungen vielschichtig. Für das Auftreten von Inkongruenzen des Ellbogengelenkes sind besonders 2 Veränderungen von großer Bedeutung:

1. Wachstumsstörungen von Radius (Speiche) und Ulna (Elle) können zu einer Stufenbildung im Ellbogengelenk führen. Sowohl eine zu kurze Ulna (Elle), als auch ein zu kurzer Radius (Speiche) können eine Stufe bedingen (Abb. 5 und 6). Abhängig davon werden unterschiedliche Gelenkabschnitte fehlbelastet und es kommt zu unterschiedlichen Krankheitsbildern. Solche Stufen können während des Wachstums auch vorübergehend auftreten und müssen nicht immer am Gelenk des ausgewachsenen Hundes nachweisbar sein.

2. Die Incisura trochlearis ist zu klein ausgebildet, ohne daß eine Stufenbildung besteht. Dadurch kann die Gelenkpfanne die Gelenkwalze nicht mehr vollständig aufnehmen (Abb. 7) und die Gelenkflächen werden ungleichmäßig belastet.

Die aufgeführten Inkongruenzen können, wie oben schon erwähnt, direkt zu Knorpelerkrankungen führen. Es entsteht eine Arthrose. Häufig kommt es jedoch zu Vorgängen, die dem oben beschriebenen Komplex der Chondrosen zugeordnet werden und die 3 folgenden Krankheitsbilder bedingen:

- Isolierter Processus Anconaeus (IPA)

- Fragmentierter (abgelöster) Processus Coronoideus medialis (FPC)

- (Osteo-)Chondrose des medialen Abschnittes der Trochlea Humeri (OCD)

Abb. 5 Abb. 6

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Abb. 5: Linkes Ellbogengelenk, seitlicher Strahlengang. IPA. Weit dislozierter isolierter Processus anconaeus (1). Die Incisura trochlearis (2) ist deformiert und zeigt deutliche Knochenverdichtungen. Bei 3 deutliche Stufenbildung zwischen dem Radiuskopf und der Gelenkfläche der zu kurzen Ulna.

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Abb. 6: Rechtes Ellbogengelenk, seitlicher Strahlengang. Deutliche Stufenbildung zwischen der Gelenkfläche des zu kurzen Radius (R / Speiche) und der Ulna (U / Elle). Knochenverdichtung (Sklerose) im unteren teil der Incisura trochlearis (2) und am Processus coronoideus medialis (1) durch übermäßige Belastung dieser Abschnitte. Knöcherne Zubildung (Arthrose) am vorderen Ende der Radiusgelenkfläche.

Der isolierte Processus Anconaeus (IPA)

Der Processus anconaeus der Ulna (Elle – Abb. 1-4) hat einen eigenen Verknöcherungskern, der als Epiphyse am oberen (proximalen) Ende der Ulna (Elle) angesehen wird. Auf dem Röntgenbild lässt er sich etwa von der 11. bis zur 16. Woche nachweisen. Danach erfolgt die knöcherne Vereinigung mit dem Olekranon (Ellbogenfortsatz). Bei sehr großwüchsigen Rassen kann sich diese Zeitpunkt bis zum 5./6. Monat verzögern. Jede dann röntgenologisch noch nachweisbare Trennung des Processus anconaeus vom Olekranon (Ellbogenfortsatz) ist als pathologisch anzusehen (Abb. 5 und 8).

Es gibt sicher eine Reihe von Ursachen, die diesen Vorgang auslösen können. Zwei der wichtigsten sollen hier kurz aufgeführt werden:

1. Durch eine Störung im Längenwachstum der Ulna (Elle) bleibt diese kürzer als der Radius (Speiche). Es kommt zu einer Stufenbildung im Ellbogengelenk (Abb. 5). Dadurch reitet der Processus anconaeus auf der Gelenkwalze des Oberarmes auf. Es resultiert eine dauernde mechanische Irritation der Wachstumsfuge des Processus anconaeus. Die Verknöcherung wird gestört, und es kann sogar zur vollständigen Ablösung des Processus anconaeus kommen.

2. Radius (Speiche) und Ulna (Elle) sind zwar gleich lang, aber die Incisura trochlearis der Ulna (Elle) ist zu klein ausgebildet (Abb. 7). Sie ist nicht in der Lage, die Gelenkwalze des Humerus (Oberarmes) vollständig aufzunehmen. Dadurch kommt es ebenfalls zu abnormen mechanischen Belastungen am Processus anconaeus mit den oben beschriebenen Folgen. Gleichzeitig besteht aber auch eine Fehlbelastung an dem inneren (medialen) Abschnitt der Trochlea humeri (Oberarmgelenkwalze) und am Processus coronoideus medialis (siehe unten). Der lockere Processus anconaeus löst ähnliche Vorgänge im Gelenk aus, wie sie oben als Folge der Chondrosen an Gelenkflächen beschrieben sind. Es entwickelt sich eine Arthrose.

Abb. 7 Abb. 8

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Abb. 7: Rechtes Ellbogengelenk, seitlicher Strahlengang. Zu kleine, fast eckige Incisura trochlearis (Pfeile) der Ulna (Elle). Abnormer Druck auf Processus anconaeus (1) und Processus coronoideus medialis (2). Trochlea humeri (T) nach vorn verschoben (subluxiert). Verdickung der das Gelenk umgebenden Weichteile.

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Abb. 8: Rechtes Ellbogengelenk, seitlicher Strahlengang, gebeugte Lagerung. IPA. Nicht dislozierter isolierter Processus anconaeus (1). Eine Stufenbildung zwischen Radius (Speiche) und Ulna (Elle) ist nicht erkennbar. H = Humerus, R = Radius, U = Ulna

 

Der fragmentierte Processus coronoideus medialis (FPC)

Durch eine Stufenbildung mit zu kurzem Radius (Speiche – Abb. 6) oder eine zu kleine Incisura trochlearis (Abb. 7) kann es aufgrund übermäßiger Belastung zu vollständigen oder unvollständigen Ablösungen (Fragmentierung) am Processus coronoideus medialis kommen (Abb. 9). Da die Spitze des Processus coronoideus medialis erst um den 4. Monat verknöchert, betrachten einige Untersucher die Ablösung als Folge einer gestörten "enchondralen Ossifikation" und ordnen sie uneingeschränkt dem Chondrosekomplex zu. Andere Arbeiten zeigen, daß in vielen Fällen der Knorpel unverändert erscheint und es nur im darunter liegenden (suchondralen) Knochen zu Rissbildungen (Fissuren) gekommen ist.

Abb. 9 Abb. 10

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Abb. 9: Rechtes Ellbogengelenk, schräg cranio-caudaler Strahlengang. FPC. Isoliertes Fragment (1) am Processus coronoideus medialis (2). H = Humerus, R = Radius, U = Ulna

 

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Abb. 10: Linkes Ellbogengelenk, schräg cranio-caudaler Strahlengang. OCD. Abgelöstes, verkalktes Dissekat (1) am medialen Teil (3) der Trochlea humeri. H = Humerus, R = Radius, U = Ulna, 2 Processus coronoideus medialis der Ulna, 4 Processus anconaeus.

 

Die (Osteo-)Chondrose des medialen Abschnittes der Trochlea humeri (Oberarmgelenkwalze) (OCD)

Hier handelt es sich sicher um eine Störung der enchondralen Ossifikation. Als auslösende Ursachen kommen die schon beim FPC beschriebenen Vorgänge in Frage. Begünstigt wird das Entstehen einer Chondrose an dieser Stelle durch einen schon normalerweise dickeren Gelenkknorpel am medialen Anteil der Gelenkwalze. Röntgenologisch stellt sich die OCD der cranio-caudalen Projektion des Ellbogengelenkes als meist fingernagelmondförmiger Aufhellungsbezirk dar (Abb. 10). In manchen Fällen kann die abgelöste Knorpelschuppe verkalken und ist dann im Röntgenbild nachweisbar (Abb. 10 und 1).

 

Diagnosestellung

Die Vorstellung erkrankter Tiere beim Tierarzt erfolgt erst, wenn durch Schmerzen bedingte Lahmheiten auftreten. Zu diesem Zeitpunkt kann die ursächliche Erkrankung, wie schon erwähnt, schon einige Zeit bestehen. Geringgradige Lahmheiten werden vom Besitzer oft nicht erkannt. Besonders schwierig wird dies, wenn beide Gliedmaßen erkrankt sind. Das hat zur Folge, daß die Erkrankungen bei der Diagnosestellung oft schon weit fortgeschritten sind, was die Behandlungsmöglichkeiten und die Behandlungserfolge erheblich beeinträchtigt. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich der Sitz der Lahmheitsursache zwar in der Regel auf das Ellbogengelenk festlegen, aber endgültige Diagnose kann man aber meist nicht stellen. Einen großen Anteil an der Diagnostik hat die Röntgenuntersuchung. Dabei lässt sich der IPA einfach und sicher auf einer seitlichen Aufnahme des Ellbogengelenkes erkennen. Wesentlich schwieriger ist dies bei der OCD und besonders beim FCP. Es müssen Röntgenaufnahmen in verschiedenen Projektionen angefertigt werden. Wegen der unterschiedlichen Lage und Form der Fragmente beim FCP lässt sich diese Erkrankung häufig gar nicht direkt röntgenologisch nachweisen. Aufgrund der klinischen Befunde und der röntgenologisch sichtbaren sekundären arthritischen Veränderungen wird eine Verdachtsdiagnose erhoben. Die endgültige Diagnose kann dann erst nach der operativen Eröffnung des Gelenkes gestellt werden. Bei der Interpretation der Röntgenaufnahmen muß allerdings bedacht werden, daß die beschriebenen röntgenologischen Veränderungen nicht immer die Ursache einer vorhandenen Lahmheit sein müssen.

 

Therapie

Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt und eine der oben angeführten Grunderkrankungen diagnostiziert, ist ein operatives Vorgehen angezeigt. Es besteht im Prinzip bei allen 3 Erkrankungen in der chirurgischen Entfernung der abgelösten oder beschädigten Gelenkabschnitte. Beim IPA kann unter bestimmten Umständen eine Refixation des Fragmentes mittels einer Schraube versucht werden. Eine konservative Behandlung durch Futterumstellung und reduzierte Bewegung kann manchmal in frühen Stadien bei jungen Tieren Erfolg bringen. Bei sehr fortgeschrittenen Fällen mit schweren arthrotischen Veränderungen bringt die Operation kaum Erfolge. Ruhe und die Anwendung entsprechender Medikamente können hier Linderung verschaffen. Generell muß gesagt werden, daß über die Art der Therapie von Fall zu Fall entschieden werden muß. Keine der genannten Behandlungen kann im Einzelfall eine sichere und dauerhafte Heilung im Sinne von Schmerz- und Lahmheitsfreiheit garantieren.

 

Vorsorge

Da die Behandlungserfolge im allgemeinen als unbefriedigend angesehen werden müssen, muß der Schwerpunkt auf die Früherkennung und besonders der Verhütung der Erkrankung liegen.

Junge Hunde, die lahm gehen, sollten bald sorgfältig untersucht werden, um die Ursache herauszufinden. Man sollte sich davor hüten, solche Lahmheiten als "Wachstumsschmerz" abzutun. Auch Bemerkungen, daß bei bestimmten Rasen schon mal bei jungen Hunden Lahmheiten auftreten, die dann bald wieder verschwinden, sind wenig hilfreich. Die Erkrankungen zeigen oft schmerzfreie Intervalle, was die Diagnosestellung erheblich verzögert und damit die Behandlungsmöglichkeiten einschränken kann.

Eine große Rolle bei der Ausprägung der Erkrankungen spielen fehlerhafte Ernährung und übermäßige Belastung in der Hauptwachstumsphase. Besonders zu hohe Kalorienzufuhr und eine zu eiweißreiche Fütterung wirken sich negativ aus. Aber auch die übermäßige Verabreichung von Vitaminen und Mineralstoffen (auch Kalzium) begünstigen das Entstehen der Chondrose. Fertigfuttermittel sind in der Regel so ausgewogen, daß Ergänzungsfutter und Zusatzstoffe eher gefährlich sind, es sei denn, die Tierärztin/der Tierarzt hätten einen bestimmten Mangel nachgewiesen. Es ist schwierig zu entscheiden, wieviel Bewegung ein junger Hund braucht und verträgt, und wann die Belastung zu groß ist. Besonders gefährdet sind Hunde, die ein sehr schnelles Wachstum zeigen. Ein vernünftiger Maßstab könnte sein, daß man die Tiere in der Hauptwachstumsphase ihren eigenen Bewegungsdrang ausleben lässt, ohne sie zusätzlich zu motivieren oder gar zu zwingen.

Es sollten auch in Deutschland bei möglichst vielen Hunden, die keine Lahmheit der Vordergliedmaßen haben, die Ellbogengelenke geröntgt und entsprechend ausgewertet werden. Es bietet sich an, dies im Zusammenhang mit dem HD-Röntgen durchzuführen.

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Bernd Tellhelm, Gießen

(Eigene Anmerkung: Dies wird im DNK schon durchgeführt, sowohl die Ellbogen wie auch die Schultern sind bereits Bestandteil der Pflichtröntgung aller Zuchttiere).

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